Foto-Philosophie

Was ist ein gutes Foto? Wodurch wird ein Foto gut? Warum fotografiere ich?

Es gibt eintausend Fragen, die sich ein ambitionierter Fotoamateur wohl oft stellt. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass die meisten Fragen sehr einfach zu beantworten sind. Das wichtigste ist es – wie bei allen Hobbies – den Spaß daran zu behalten und zu erkennen, dass man es für sich selbst betreibt. 

Meine Fotos sollen mir gefallen. Sie brauchen nicht perfekt zu sein. Sie sollen mich an den Moment erinnern, an die Situation, die Emotionen. Sie sollen mich daran erinnern, dass ich zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich gute Laune hatte. 

Solche Fotos kann man mit dem Handy, mit einer 15 Jahre alten Digitalkamera, mit einer Spiegelreflex oder einer Systemkamera aufnehmen. Mit einer Ausrüstung für 5.000 € macht man nicht automatisch gute Fotos.

Auch mit einem Handy und ein wenig Nachbearbeitung kommt etwas Brauchbares dabei raus… manchmal ….

 

Ich versuche, auf dieser Seite meine Sicht auf Fragen darzustellen, die sich wahrscheinlich viele stellen, die zwar gerne fotografieren, die aber immer wieder feststellen, dass es oft von Profis heißt: „Mach das so und so und kaufe dies und das an Equipment. Unbedingt RAW fotografieren, du brauchst Photoshop, 5 Akkus, 7 Objektive und 4 Bodies. Glaubt mir: vieles davon ist Quatsch.

Fragen über Fragen

Muss ich RAW fotografieren?

Meine klare Meinung dazu ist nein! 

Für den Fotoamateur, der einfach gute Bilder machen möchte und diese ab und zu einmal nachbearbeiten will, weil Helligkeit, Kontrast, Horizontneigung, Linien oder andere Kleinigkeiten nicht passen, ist das einfach zu aufwändig und zu komplex. Es gibt – vor allem zu Beginn, wenn man noch nicht jeden zweiten Abend drei Stunden am Rechner Nachbearbeitungen machen möchte, viel wichtigere Themen.

Muss ich immer einen Weißabgleich machen?

Auch hier kommt es sehr darauf an, was und wo ich fotografiere und wieviele Bilder ich machen möchte, die die gleiche Farbtemperatur haben sollen.

An einem Sommertag mit gutem Licht ist ein Weißabgleich oft nicht nötig, da die Kameraautomatik es in den meisten Fällen gut hinbekommt. Gängige Software wie Gimp macht auch in Nachhinein oft einen guten, manchmal beeindruckenden Weißabgleich. Allerdings können die Ergebnisse auch mal komplett danebenliegen. 

Daher sollte bei trübem Wetter und vor allem, wenn man z.B. bei Kunstlicht an einem Herbstabend auf einer Feier fotografiert, eine einheitliche Farbtemperatur an der Kamera voreingestellt und nicht verändert werden. Dazu am besten zu Beginn Testfotos machen und dann die Kelvinzahl fest einstellen. Letztlich ist ein manueller Weißabgleich auch nichts anderes.

Originalbild, Weißabgleich an der Kamera auf Auto

Manuell angepasste Farbtemparatur auf +700k. Bild wird heller und hat weniger blau, wird gräulicher und entspricht der erinnerten Lichtstimmung.

Automatische Weißabgleichkorrektur mit Gimp und erhöhte blaue Farbsättigung. Ergebnis ist nicht mehr natürlich, gewinnt aber durch gezielte Übersteuerung. Es wird ein leichter 70iger Jahre / Comic-Look erzeugt.

Die Fotos des Zeppelins sind die Ergebnisse einer faulen Fototour bei Mistwetter mit kleiner Kamera und 200mm Tele. Licht, fehlender Weißabgleich und Tele auf Max zerstört die Bildecken, die eigentlich noch durch Bildzuschnitt entfernt werden müssten. Das Herumexperimentieren mit Gimp und das Erzeugen des 70iger Jahre Looks wertet die dunklen Ecken schon fast wieder zum bewusst eingesetzten Stilmittel auf.

Muss ich alle Bilder nachbearbeiten?

Jain. Es ist extrem schwer, allein die Motivpositionierung im Bild immer optimal hinzubekommen. Oft stört etwas am Rand, das Motiv ist nicht mittig oder an der gewünschten Position oder der Horizont ist nicht waagerecht. Wenn ich ein Bild in den Digitaldruck geben möchte, dann steigen auch meine Ansprüche. Wenn man etwas z.B. in 40x30cm vor sich hat (was meine präferierte Fotogröße ist), dann sieht man Details, die man oft am Monitor oder bei kleinen Abzügen übersieht.

Originalfoto, 96mm Tele, beim Essen auf der Terrasse „mal eben“ rübergeknipst, mit vollem Bewusstsein, dass man nacharbeiten muss, wenn was draus werden soll. Alles etwas schief, Pflanze ragt von rechts ins Bild. Warum hab ich es überhaupt fotografiert? Nun, alles ist weiß, blau oder beige auf dem Bild, eigentlich dachte ich zuerste an den Blau-Weißen Tisch, aber der wird leider überdeckt von dem davorstehenden weißen. Der Schatten ist mir erst im Nachhinein richtig bewusst geworden.

Ausschnitt wurde zum eigentlichen Thema. Schatten und Tisch sind nun die Stars im Foto. Neigung angepasst, aufgehellt und Blau richtig schön kräftig gemacht.

Wichtig ist, dass man ein schönes Motiv oder eine Idee, die man schon beim Fotografieren hatte, auch dann versucht mit dem Fotomaterial umzusetzen, was man auf der Speicherkarte vorfindet. Manchmal ist es möglich, noch was Gutes draus zu machen. Oft aber auch nicht 😉

Brauche ich eine Vollformat-Kamera?

Das hängt schlicht und ergreifend von dem Anspruch ab. Natürlich sind größere Chips immer mit besserer Lichtausbeute und in Kombination mit den passenden Objektiven dementsprechend mit besserem Basismaterial verbunden. Vor allem bei schlechten Lichtverhältnissen sind Vollformatkameras einfach überlegen, auch weil man mit hohen ISO-Werten kompensieren muss und das immer auf die Qualität geht.

Darf ich mit dem Handy fotografieren?

Unbedingt. Es gibt keine Gründe, mit dem Handy keine Fotos zu machen. Bei guten Lichtverhältnissen sind Fotos von aktuellen Handys absolut vergleichbar mit Mittelklassekameras. Ich habe mittlerweile keine Hemmungen mehr, auch Handyfotos in meinem Lieblingsformat 30x40cm abzuziehen.

Samsung S20, 6mm (27mm Äquivalent), f2, 1/882, ISO 25, 72 dpi (kein Pro-Modus der Kamera-App)

Farben sehr knallig, Vordergrund relativ hell, was von der Kamera wohl als Hauptmotiv erkannt. Dementsprechend kommen auch die komischen Einstellungen zu Stande. Details auch hier gut zu erkennen.

Canon 7D, 19mm, f10, 1/125 ISO 100, 72 dpi (Automatik-Programm)

Farben sehr natürlich, Vordergrund viel zu dunkel, aber von der Position nicht anders machbar, wenn das ganze Schloss draufsoll. Selbst der Mond ist als solcher zu erkennen. Linien trotz 19mm klar und gerade, weil der Abstand zum Hauptmotiv groß genug ist. Ich würde hier den Vordergrund aufhellen und schon wäre ein nettes Foto fertig.

Wieso sehen meine Bilder immer komisch aus?

Das wichtigste ist es, ein gutes Auge für die Motive und Lichtverhältnisse zu entwickeln. Oft sehe ich Menschen mit Handys, die direkt in die Sonne fotografieren und damit die Aufnahmen durchs Gegenlicht zerstören. Auch der Digitalzoom der Handys lässt die Qualität der Fotos dramatisch sinken.

Leider muss man sich ein bisschen mit den Basics auseinandersetzen; die Linien eines Bildes erkennen, Haupt und Nebenmotive im Sucher positionieren und auf die Schärfe achten. Aber mit wenigen Grundregeln kann schon fast nichts mehr schief gehen.

Was kann ich maximal aus meinen Bildern herausholen?

Auch das ist Geschmacksache, es sind schon starke Veränderungen möglich, allerdings gefallen die nicht immer allen. Hier ein Beispiel, was laut unsplash wohl vielen gefällt:

Gesamtscene, eigentlich hatten mich die Farben angesprochen und ich wollte sehen, was man draus machen kann am PC…

Aber die gelbe Boje war von vornherein eigentlich störend, also habe ich ein zweites Foto vor Ort gemacht, alternativ hätte ich das erste natürlich zuschneiden können.

Dann ist es beim Bearbeiten mit mir durchgegangen und ich habe das Motiv einmal mehr überzeichnet…

Welche Tools soll ich nutzen, wenn ich meine Bilder nachbearbeiten will?

Ich bin ein großer Fan von Open Source Lösungen und verwende daher die freien Tools Gimp und RawTherapee. Für meine Belange reichen diese vollkommen aus. Photoshop und Lightroom sind mir schlicht zu teuer.

Zu Gimp gibt es auch sehr viele Tutorials z.B. auf YouTube. Das hat mir bisher immer gut geholfen.

Ich möchte meine schönsten Fotos online haben und sie auch für andere zugänglich machen.

Hier gehen die Diskussionen weit auseinander, aber auf Grund der Philosophie, ob man durch das massenhafte Veröffentlichen von semiprofessionellen Fotos die Branche der Berufsfotografen schädigt oder nicht. Ich selbst veröffentliche auf Unsplash. Der klare Vorteil für mich ist, dass ich meine schönsten oder mich wichtige Fotos online und gesichert habe. Darüber hinaus habe ich persönlich kein Problem damit, dass andere diese Fotos nutzen und netterweise auch manchmal verlinken. 

Teleaufnahmen – Ein Vergleich

In kürze planen wir eine Fernreise, bei der ich befürchte, viel mit dem Tele fotografieren zu müssen. Wieso befürchten? Nun ja, Teleobjektive sind schwer, haben oft eine zu große Offenblende, es sei denn, Geld spiel keine Rolle, und die Kombination daraus schreit wegen des Gewichts dann nach einem Stativ, das wiederum spontane Aufnahmen nicht gerade perfekt unterstützt.

Also einfach mal testen, was meine beiden Teleobjektive und mein 2x Telekonverter an meine drei Bodys können. Seid gespannt…
Es treten an:

Sigma ef 70-200 mm f/2,8
Tamron ef-m 18-200 mm f/3,5-6,3
und als Referenzen:
Canon ef-s 15-85 mm f/3,5-5,6
Canon ef-m 15-45 mm f/3,5-6,3

Canon 7D
Canon M3
Canon R7

Alles wird der Reihe nach Reihum an die Body gesteckt, wo es passt. Die EF-M Objektive bleiben natürlich der M3 allein vorbehalten. Aber ich suche ja nur die Ideale Kombi aus dem, was mir aktuell zur Verfügung steht.

Für die Vergleichbarkeit ist der ausgesuchte Tag ideal. Grau und bedeckt. Um die Position gleich zu halten, wird das Stativ geschützt im Flur aufgestellt und durch das Fenster in den Garten fotografiert. Los geht’s mit den Standard-Objektiven… Alle Kameras sind auf „P“ gestellt und Autofokus mit Mehrpunktmessung, Weißabgleich wurde in den Nachbearbeitung gemacht. Alle Fotos wurden als JPG aufgenommen. Letztlich möchte ich im Vergleich die Situation nachstellen, dass man wenig Zeit für Feineinstellung hat. (Der schwarze Balken ist ein Gitter, das vor dem offenen Fenster ist.)
Interessant ist dementsprechend auch, welche Blende, Belichtungszeit und ISO der Body jeweils wählt.

M3 mit ef-m 15-45 mm
6.3 1/60 800

7D mit ef-s 15-85 mm
5 1/80 500

R7 mit ef-s 15-85 mm
5 1/80 320

R7 mit ef-s 15-85 mm und HDR
5 1/640 4000

Fazit: Die M3 Standardkombi erzeugt ein helles und weiches Bild, die 7D ist schon mit besserer Tiefenschärfe unterwegs, die R7 wirkt dunkler und kommt mit der besten Tiefenschärfe daher. Das Bild wirkt knackiger. Die HDR Aufnahme hat natürlich den besten Schärfeumfang, wirkt aber schwammiger, das sieht man auch in den Vergrößerungen weiter unten. Hier explodiert auch der ISO.

 

Weiter geht’s mit den 200 mm Linsen

M3 mit ef Sigma 200 mm

M3 mit ef-m Tamron 200 mm

7D mit ef Sigma 200 mm

R7 mit ef Sigma 200 mm

Fazit: Die M3 macht einen guten Job und fokussiert sauber zentral, mit dem Tamron wirkt das Bild sehr stimmig und farbechter. Die 7D bekommt wegen ihrer wenigen Fokusfelder erste Probleme, die R7 löst das Bild mit guter Tiefenschärfe auf den letzten 5-4 Metern souverän.

 

Weiter mit dem zusätzlichen 2x Konverter

M3 mit ef Sigma und 2x = 400 mm

7D mit ef Sigma und 2x = 400 mm

R7 mit ef Sigma und 2x = 400 mm

Fazit: Hier steigt der Autofokus der M3 aus. Ich muss manuell Fokussieren. Damit scheidet die M3 mit dieser Kombi aus. Für schnelle Schüsse ist das ein No-Go. Die 7D schafft es dieses mal besser, zu fokussieren, was aber an dem Motiv liegt. Das gleiche Ergebnis also auch hier: die R7 mit ihren gefühlt 100 Fokusfeldern erzeugt wieder das beste Ergebnis.

 

Weiter mit den Zooms. Alle Bilder erhalten eine Ausschnittsvergrößerung, um die finale maximal Qualität bei digitalen Vergrößerungen bewerten zu können.
Die Kombinationen entsprechen der Reihenfolge der obigen Bilderreihe

Was lässt sich aus den Ausschnittsvergrößerungen ablesen? Man sieht zunächst, dass das Tamron bei der Ausschnittsvergrößerung plötzlich den Schärfevergleich gegenüber dem Sigma, verliert, auch an der M3. Das lässt sich natürlich mit dem geringeren Brennweitenumfang des Sigma und der besseren Offenblende erklären. Weiter sieht man, dass Vergrößerungen von HDRs nicht immer eine gute Idee sind. Bei den Ausschnitten aus den 400 mm Aufnahmen sind die drei Bodys dann wieder näher beieinander, aber hier setzt sich das erwartete Ranking R7 vor 7D vor M3 durch.

Fazit der Fazits:

M3 und 7D sind je nach Szenario und Objektivkombi mal im Vorteil und mal im Nachteil. Die Technik der 7D ist nun 14 Jahre alt und kann manchmal schon nicht mal mehr mit der 10 Jahre alten Technologie der M3 mithalten. Diese punktet natürlich auch mit Gewicht, Größe und Preis der Objektive.
Die R7 ist vor allem durch ihre Feldmessung, die Stabilisatortechnik und Kompatibilität mit den EF und EF-S in meinem Vergleich der Sieger. Wäre aber auch schade, wenn das Ergebnis ein anderes wäre.

Die größeren Brennweiten durch den 2x Konverter bezahlt man natürlich mit Qualitätseinbußen, aber an der R7 ist dieser gut verschmerzbar.